Therapie der Depression

Viele Fragen erreichen uns von Betroffenen und Angehörigen zur Behandlung von Depressionen. Man kann nicht alles darüber wissen, aber die Prinzipen soweit durchschauen, dass man mit dem Arzt ein fruchtbares Aufklärungsgespräch führen kann.

Die Therapie der Depression ist mit allen Möglichkeiten pharmakologisch, sozial- und psychotherapeutisch dringend notwendig. Trotzdem wehren sich viele Depressive gegen dieses Übel. Sie warten zu lange, verkennen Symptome als vorübergehende missliche Lage, bauen Widerstände auf gegen Medikamente und Hilfen als ob es eine Kränkung wäre. Und sie vergraulen und demotivieren ihr Umfeld, in dem sie es mehr und mehr belasten, ohne einen professionellen Ausweg aufzubauen.

Der erste Schritt

Demzufolge ist der erste Schritt der Depressionstherapie die Aufklärung und Entstigmatisierung in der Öffentlichkeit. Jede Institution, die mit Depressionstherapie zu tun hat, muss sich mit allen Partnern einer Stadt, einer Region in Kontakt setzen und die gemeinsame Philosophie entwickeln, dass Depression eine heilbare Erkrankung ist und jeder ein Recht auf Zugang zur Therapie in allen Stadien hat.

Leitlinien

Wie können Laien, wenn sie direkt oder als Angehörige oder Freund*In Betroffene sind, sich im Informationsdschungel zurechtfinden? Die erste Anlaufstelle sind am ehesten Hausärzt*Innen oder Therapeut*Innen, die über die Datenbank der kassenärztlichen Vereinigung oder das Telefonbuch ausgesucht werden können. Eher zu selten sind es der Facharzt*Innen für Psychiatrie. Die ersten Schritte der Depressionsbehandlung sind leicht getan. Wenn es nicht sofort besser wird, wird es schwierig und die Meinungen gehen auseinander.

Dafür gibt es in Deutschland die Leitlinien der Fachgesellschaft DGPPN (Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie). Aktuell heißt sie gemäß dem wissenschaftlichen Grad S3-Leitlinie und ist für Profis und Betroffenen unter dem obigen Link einsehbar.

Hierin sollen auch Patient*Innen und ihre Angehörigen angesprochen werden. Dies entspricht einer Koordinierung des Vorgehens gegen die Depression in einem nationalen Konsens, wodurch die Therapie auch für den Betroffenen durchsichtiger und besser überprüfbar wird.

Das größte Risiko der Depression ist der Suizid, der auf die Lebenszeit bezogen sich wohl in jedem 5. Fall ereignen kann. Er hängt sicher nicht nur mit der Krankheit Depression zusammen, sondern auch mit Persönlichkeitsmerkmalen und vor allem schweren Belastungen. Vorrangig sind deshalb die Besserung der Beschwerden auf ein minimales Maß und die Beseitigung durch die Depression entstandener Probleme das Ziel der Behandlung. Und gerade für den Fall, dass der Erfolg der Therapie auf sich warten lässt, ist neben einer verlässlichen Arzt/Therapeut-Patientenbeziehung der Wiederaufbau eines sozialen Netzes von großer Bedeutung.

Wie verläuft die Psychotherapie?

Bei leichten depressiven Störungen und wenn deutliche Konflikte als Auslöser oder Ursache erkennbar sind, kann am Anfang der Behandlung ein Versuch mit Psychotherapie stehen. Es bieten sich dafür mehrere Verfahren an, die mit Bezeichnungen und Abkürzungen angeboten werden:

  • Kognitive Therapie nach Aaron Beck versteht sich als Verhaltensorientierte Therapie weniger auf Kindheit und Familie als auf aktuelle Konflikte bezogen.
  • Interpersonelle Therapie (IPT) und CBASP (Cognitiv-Behaviorales AnalyseSystem der Psychotherapie) sind Psychotherapiemethoden, die aus verschiedenen Schulen zusammengefasst und praxisorientiert für depressive Pateinten entwickelt wurden.
  • Kurze psychodynamische Psychotherapien lehnen sich an die Psychoanalyse an, sind aber zeitlich kürzer angelegt und mehr auf aktuelle Konflikte bezogen
  • Alle weiteren immer besser ausgefeilten sogenannten Verhaltenstherapien der dritten Wellen können nicht alle im Einzelnen genannt werden.

Viele Studien belegen die akute und Langzeitwirkung von Psychotherapie allein und in Kombination mit Psychopharmaka. Grundsätzlich sollte ab einem bestimmten Schweregrad immer auch eine psychopharmnakologische Unterstützung erfolgen, andererseits gibt es keine Psychopharmakotherapie ohne psychotherapeutische Führung. Man sollte also keinen Gegensatz, sondern eine sinnvolle Ergänzung der beiden Ansätze sehen. Wie bei der Antidepressiven Pharmakotherapie gilt gerade hier, dass man sich trotz langer Wartezeiten den Therapeuten gut ansehen und sich von ihm in einer Probesitzung gut beraten lassen soll im Hinblick auf Methode, Zeitdauer und Anforderung an die Mitarbeit. Auch zur Psychotherapie gibt es Leitlinien, sie ist nicht geheimnisvoll und sie soll in absehbarer Zeit mit transparenten Methoden eine spürbare Linderung der Beschwerden erbringen.

Wie läuft die Therapie mit Antidepressiva ?

Man sucht gemeinsam mit den Ärzten*Innen ein Medikament, das anfangs möglichst nebenwirkungsarm sein soll. Es gibt mehrere Gruppen, die sich chemisch und in ihrer Wirkungsweise unterscheiden

Wirkungsweise

Wenn eine Nervenzelle einer anderen ein Signal übermittelt, dann geschieht das mit Überträgerstoffen, den so genannten Transmittern. Dabei werden über einen mikroskopisch kleinen Spalt zwischen den Zellen Stoffe hinübergeschleust, eine Art flüssige Elektrizität. Die beiden wichtigsten Transmitter im Fall der Antidepressiva sind Noradrenalin und Serotonin. Diese treffen auf Briefkästen – Rezeptoren – an der äußeren Wand der Zelle. Bei Eintreffen einer Nachricht werden im Inneren der Zelle Lawinen von Reaktionen ausgelöst. Sie bewirken weitere Nachrichten an andere Zellen, aber auch Umbaumaßnahmen in der Zelle wie Auf- oder Abbau von Rezeptoren, von Transmittern und auch Wachstum von Verbindungen zu anderen Zellen, sogenannte neurotrophe Vorgänge.

Eingriffsmöglichkeiten sind die Hemmung des Abbaus von Transmittern in der Zelle oder die Hemmung seiner Wiederaufnahme in die Zelle, wodurch er sich jeweils im Synapsenspalt vor den Briefkästen anreichert.

Um im Bild zu bleiben: Wenn jemand eine Depression hat, dann stimmt in bestimmten Nachrichten-systemen die Briefzustellung nicht mehr. Die Briefkästen sind zu wenig, zu viele, verklebt, werden nicht entleert – man weiß es nicht genau. Beim Gesunden ist die Stimmung schwingungsfähig, passt sich allen Ereignissen an und pendelt von Extremen wieder zurück. In der Depression ist sie erstarrt und verhärtet. Das kommt von einer bestimmten Veranlagung, aber auch durch Belastungen im Lauf des Lebens. Antidepressiva wirken dadurch, dass sie eine Flut von Briefen auslösen, einen Ausstoß von Transmitterstoffen. Dadurch werden die unsensiblen Briefkästen wieder belebt, neu eingestellt und empfangen wieder Nachrichten. Diese Umbaumaßnahmen dauern manchmal viele Wochen. Auch andere Maßnahmen wie Schlafentzug, Elektrokrampf bewirken das Gleiche. Die Einregulation des gestörten Gleichgewichts dauert länger als bei den Neuroleptika, eine Wirkung ist frühestens nach 2 Wochen spürbar.

Über diese chemischen Wege wirken auch die täglichen positiven und negativen Erlebnisse abhängig vom Geschick, wie man damit umgeht. Analog dazu hilft Psychotherapie, Fehler beim Umgang mit belastenden Erlebnissen aufzudecken und zu verbessern.

Für alle Psychopharmaka gilt, dass sie ohne ärztliche Beratung nie abrupt abgesetzt werden sollten, da sonst spezielle Absetzerscheinungen mit beunruhigenden Symptomen auftreten können. Wiederansetzen geringerer Dosen beseitigt diese Zustände.

Bei allen Psychopharmaka müssen Laborwerte wie Blutbild, Leberwerte, Blutzucker und Elektrolyte kontrolliert werden wegen möglicher Veränderungen.